Armin König

Lautern demütigt Schalke 05 – ein denkwürdiges Fußballspiel – 5:0

In meinem Blog kommentiere ich eigentlich keine Bundesligaspiele. Ich will einfach meinen Spaß im Stadion haben und nicht journalistisch arbeiten. Das war in meinem früheren Leben. Und objektiv will ich heute als Fan auch nicht sein. Aber dieses Fußball-Bundesligaspiel zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und dem FC Schalke 04 reizt mich dann doch, ein paar kommentierende Worte zu schreiben. Ich hatte so viel Bammel vor diesem Spiel, dass wir – die Lauterer, die Roten Teufel – verlieren. Schalke 04 hatte ein paar Tage zuvor furios aufgespielt. Seit drei Wochen zeigen die Weltstars Raúl und Huntelaar sowie Nationaltorhüter Neuer und der talentierte Jefferson Farfan, was sie können. Trotzdem hatte ich im Internet einen Sieg für den 1. FCK vorausgesagt – ein bisschen frech, was prompt kritisch kommentiert wurde. Man legte es mir als Überheblichkeit aus. Dabei war es nur ein lautes Pfeifen im dunklen Wald, aber keineswegs Überheblichkeit. Die ist mir nicht eigen.

Diesmal war ich eine Stunde vor Spielbeginn im Stadion, um mich einzustimmen. Und ich wurde eingestimmt bis zum Anpfiff. perfekte Fan-Choreografie, perfekte Anfeuerung der Fans durch die Hardcore-Fans in der Westkurve. Plötzlich standen alle Lauterer wie ein Mann – keine Spur von Unsicherheit.

Und es lohnte sich. Nach knapp acht Minuten rauschte es zum ersten Mal im Netz von Manuel Neuer. Srdjan Lakic hatte einen Eckball des überragenden Christian Tiffert eingeköpft. Die Schalker waren da geistig noch gar nicht auf dem Platz. Ich habe dann die Minuten gezählt, weil ich befürchtete: Jetzt hauen die uns gleich den Ausgleich rein, zumal die Lauterer anfangs etwas nervös agierten. Es gab in der Anfangsphase zwei, drei dämliche Abspielfehler, und auch die Ballannahme war nicht so sicher, wie man sich dies wünschen würde. Doch von Minute zu Minute wurde das Lautern-Spiel besser. Schalke verlor Zweikampf um Zweikampf, die Roten Teufel schlugen Traumpässe, Ilicevic, Lakic, Tiffert, Dick, Amedick zeigten sichtlich Spaß am Kombinieren, schlugen Traumpässe und ließen die Millionärstruppe um Raúl gar nicht zur Entfaltung kommen. Die kämpfte auch gar nicht um Entfaltung, sondern ließ sich ein ums andere mal verladen. Ich dachte, ich sei im falschen Film – bis Martin Amedick in der 39. Minute das 2:0 besorgte. Da schwante mir, dass es keinen anderen Film geben würde. Und als Tobias Sippel in Weltklassemanier eine hundertprozentige Chance von Raúl zunichte machte, wusste ich: Das wird heute tatsächlich was werden. Und es wurde ein Fußballerlebnistag. Traumhaft, wie Srdjan Lakic nach dem Seitenwechsel das 3:0 schoss, genial, wie sicher die Lauterer den Ball laufen ließen, idiotisch, wie Metzelder im Strafraum Lakic umsäbelte: Publikumsliebling Ivo Ilicevic ließ sich die Elfer-Chance nicht nehmen: 4:0. Schließlich hat Jan Moravek in der 88. Minute mit dem 5:0 alles klar gemacht. Lautern besiegt Schalke 05. Hihi. Schön war’s, wie wir alle die Taschentücher rausholten und die Schalker nach Hause schickten. Es muss eine Demütigung für Schalke-Trainer Felix Magath gewesen sein.

Aber eigentlich habe ich diesen Blog aus anderem Grund geschrieben. Selten zuvor ist mir so deutlich geworden, wie sehr Fußball von Psychologie abhängt. Von oben – vom Stadionrang – kannst du ein Spiel lesen. Du siehst Spielzüge in der Entstehung, du kannst Kreativität schon im Ansatz erkennen. Lautern, nach wie vor als Abstiegskandidat gehandelt, kombinierte wie eine Spitzenmannschaft. Mit einem bombastischen Fanblock im Rücken wagten Christian Tiffert, Jan Moravek, Ivo Ilicevic und Srdjan Lakic Spielzüge und Zweikämpfe gegen Weltstars, die man ihnen eigentlich nicht zugetraut hätte. Es war Bundesligafußball vom Feinsten. Mit der Aggressivität der Lauterer kamen die Schalker nach ihrem souveränen Champions-League-Auftritt überhaupt nicht zurecht. Dass diese Pfälzer Landeier es überhaupt wagten, ihnen den Schneid abzukaufen, schien die Schalker völlig zu verblüffen. Sie zauderten erst, dann wurden sie nervös und schließlich fielen sie als Team völlig auseinander, weil niemand da war, der die Initiative ergriff. Dass sich ein Team so demontieren lässt, war für mich völlig verblüffend. Kein Aufbäumen, kein Versuch, alles nach vorn zu werfen, um wenigstens mit Anstand hoc zu verlieren, kein Funken Kreativität, keine Präsenz, kein Mut – wie kann eine solche Mannschaft, deren Spieler Milionen verdienen und Millionen kosten, so erbärmlich auftreten? Mir ist dies ein Rätsel. Damit soll der große Auftritt des 1. FC Kaiserslautern nicht geschmälert werden. Im Team von Marco Kurz passte einfach alles. Die Mannschaft war bestens präpariert, einer lief für den anderen, das Fußballspielen sah nach Lust aus, der Ball lief traumhaft sicher. Und die Westkurve bebte wie in alten Zeiten, als Harry Koch, Olaf Marschall und Co noch spielten.

Für mich war dies ein Fußballfest – und eine Lehrstunde in Psychologie. Derzeit scheint Felix Magath ein grottenschlechter Psychologe zu sein – und Marco Kurz alles richtig zu machen.

Ich wünsche mir mehr Betzespiele dieser Art.