Donald Trump gewinnt die Wahl in den USA und ist damit gewählter Präsident – erst war es nur ein Alptraum, eine Riesen-Befürchtung für viele Politiker in aller Welt, für Wirtschaft und Gesellschaft. Dann, am 9. November 2016, wurde der Alptraum tatsächlich wahr. Der große laute Rüpel und Politprolo, der Demagoge und Spalter hat die Mehrheit der amerikanischen Wahlmänner hinter sich gebracht. Damit wird er der mächtigste Politiker der westlichen Welt, vielleicht der Welt überhaupt. Voraussehbar war dies zwar für unkonventionelle Kenner der US-Politik wie Michael Moore, doch viele Beobachter wollten nicht glauben, dass ausgerechnet Amerika als Staat unberechenbar würde.
Ein Populist, der polarisiert hat wie kein Spitzenkandidat zuvor, hat in einer brutalen Kampagne sämtliche Gegner überholt und schließlich überrollt – am Ende auch Hilary Clinton, die haushoch verlor. Es war eine Strategie der Gnadenlosigkeit, der Rücksichtslosigkeit, Vulgarität, der Lügen, der Beleidigungen, der Grobheiten. Und mit genau dieser Strategie – Trump als »Common man«, der die Eliten verachtet und doch selbst zu den Reichsten des Landes gehört –, hat der Macho gesiegt.
Es war eine dreiste, aber erfolgreiche Strategie.
Und sie hat bei den Menschen verfangen. Wundert uns dies? Man muss sich nur die Landkarte der Trump-Siegerstaaten anschauen. Die Verteilung der roten Flächen ist im Zentrum des Landes extrem ausgeprägt.
Die alten Gesetze des Wirtschaftswachstums stimmen dort schon lange nicht mehr. Dass die Reichen immer reicher werden, hat nicht dazu geführt, dass die Armen mitgenommen wurden. Im Gegenteil. Die Mittelschicht ist erodiert, und mit ihr die Demokratie.
Die Weltwirtschafts- und Finanzkrise, die Hypothekenkrise, die Exzesse des Kapitalismus, von dem Papst Franziskus sagt: »Diese Wirtschaft tötet«, haben Langzeitspuren hinterlassen. Diese Bremsspuren gibt es nicht nur in Amerika.
Trotzdem haben die Banker weitergemacht, die Wirtschaftsprüfer, die Gutachter, die Handelsgiganten, während die Mittelschicht unter Auszehrung leidet.
Obama hat Hoffnungen geweckt bei diesen Bevölkerungsgruppen, aber er konnte sie nicht erfüllen.
Und Hilary Clinton war schon gar nicht dazu in der Lage.
Trump hat den Wählern der Mittelschicht und den Arbeitern versprochen, dass er ihnen ihren Stolz zurückgeben wird.
So wie die Brexit-Helden ihre »Control-Back«-Claims verkündet haben.
Verletzter Stolz ist also kein amerikanisches Phänomen.
Wahlen laufen aus dem Ruder, Regieren nach klassischer im 21. Jahrhundert ist schwierig bis unmöglich geworden. Nichts ist mehr gewiss.
Die Welt scheint aus den Fugen zu geraten, Terroranschläge verunsichern Millionen Menschen in Europa. Paris, Brüssel, Pegida hetzt gegen Migranten, die Alternative für Deutschland konstituiert (und etabliert?) sich als radikal rechtsnationalistische Partei, in Österreich muss die Bundespräsidentenwahl wiederholt werden, bei der mit Alexander Bellen und Norbert Hofer zwei Politiker in der Stichwahl standen, die vor Jahren noch als Außenseiter gegen ÖVP und SPÖ angetreten wären.
In Großbritannien schaffen es die Polit-Clowns Nigel Farage, Boris Johnson und Michael Gove, dei Briten mit Lügen und Hirngespinsten aus der Europäischen Gemeinschaft zu treiben.
Das Ergebnis: Die Queen ist nackt, Dave ist tot und drei elitäre Kotzbrocken haben keinen Plan. Schuld an allem war »Dave« David Cameron, der ein EU-Referendum angezettelt hat, das er eigentlich gar nicht wollte, um seine Karriere zu retten und der damit grandios gescheitert ist. Der ganze Laden ist ihm um die Ohren geflogen.
Derweil entgleitet den französischen Sozialisten die Bevölkerung, die auf der Suche nach simplen Antworten Rettung beim Le-Pen-Clan und ihrem rassistischen Front National sucht.
Können wir gegenhalten? Wollen wir?
Und wie?
Nicht mit Rassismus und Nationalismus.
Aber mit Antworten auf drängende Fragen der Mittelschicht.
Manche sagen jetzt, die Wahlen seien auch in den Sozialen Medien entschieden worden.
Ich glaube genau dies nicht.
Wahlen werden noch immer in der Wirklichkeit entschieden.
Dort, wo Menschen versuchen, Menschen mit Stimme und Blicken, mit Dramaturgie und Demagogie, mit Verführung und Überzeugung zu gewinnen.
Im wahren Leben eben.
Beim Bier.
Beim Fußball.
Am Arbeitsplatz.
Im Stadion.
Nichts gilt mehr, was gewiss war, heißt es. Das mag stimmen. Aber die Arena bleibt, in der wir agieren.
Haben wir – verstanden?
Ich weiß es nicht.
Ich will es versuchen.
Dort sein, wo die Leute sind.
Zuhören und antworten.
Argumentieren und gegenhalten.
Ja sagen und Nein.
Beides gehört zusammen.
Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar.
Aber die Wahrheit ist nicht, dass alles so bleibt, wie es ist.
Wir Politiker sollten uns verdammt ziemlich anstrengen.
Vielleicht müssen wir dann wie Jack Nicholson und Helen Hunt sagen:
Besser geht’s nicht.
Aber anstrengen müssen wir uns schon…
Ich bin dabei.
Wer macht mit?