Die Verbandsversammlung der Landschaft der Industriekultur Nord (LIK Nord) hat in ihrer öffentlichen Sitzung vom 22. Dezember 2016 auf Antrag der Stadt Neunkirchen unter Verstoß gegen einschlägige Bestimmungen des KSVG, des BauGB (§§ 1, 1a, 35), des BNatSchG und des ROG sowie des SVwVfG die „Zustimmung zur Einleitung eines förmlichen Raumordnungsverfahrens im Zusammenhang mit der geplanten Ansiedlung eines Globus-Verbrauchermarktes in Neunkirchen“ erteilt.
Das war rechtswidrig. Ich habe deshalb erneut die Kommunalaufsicht wegen erheblicher Rechtsfehler eingeschaltet – mit der Bitte um Prüfung und ggf. Aufhebung des Beschlusses.
1. Der Beschluss verletzt zumindest die Gemeinde Illingen, vermutlich aber auch weitere Kommunen, fundamental in ihren verfassungsmäßigen Rechten aus Art. 28, Abs. 2 GG und als Vertragspartner der Verwaltungsvereinbarung und gefährdet die Rechtsposition als Zuwendungsempfänger von Bundes- und Landesmitteln, da trotz des im Mittelverteilungsschreiben des Bundes und des im Zuwendungsbescheids des Landes verankerten Planungsverbots ein Planverfahren eingeleitet und ein förmliches Raumordnungsverfahren in Gang gebracht werden soll. Das Ministerium für Umwelt und Verbrauchenschutz hat selbst in seinem Anschreiben an die LIK-Nord-Verbandsversammlung darauf hingewiesen, dass eine gesamtplanerische Entscheidung zur Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandels im Kerngebiet Betzenhölle derzeit „im Widerspruch zu der Intention des Naturschutzgroßprojekts LIK.Nord steht“ (MUV-Schreiben vom 19.4.2016) und dass „das Planungsverbot einem Raumordnungsverfahren entgegensteht“, das aber zwingend notwendig wäre, um „auf dem Wege von überkommunalen gesamtplanerischen Instrumenten (hier: Raumordnungsverfahren)“ Planungshndernisse auszuräumen, Zielkonflikte zum Landesentwicklungsplan auszuräumen und das Gebot der qualifizierten interkommunalen Abstimmung zur erfüllen. Diese Planungshindernisse sind nicht durch Beschluss der LIK-Nord-Verbandsversammlung auszuräumen. Dies ist weder satzungsrechtlich noch vertragsmäßig zulässig zulässig und geboten. Damit verstößt der Beschluss der LIK Nord vom 22.12.2016 gegen zwingend zu beachtende Normen des Grundgesetzes, des Kommunalrechts, des Bauplanungsrechts und des Vertragsrechts. Außrdem verletzt der Beschluss wegen der Rückbindung des Planungsverbots an Zuwendungsbescheid (Land) und Mittelverteilungsschreiben (Bund) Haushaltsgrundsätze und Haushaltsrecht und verstößt gegen einschlägige Fachgesetze.
2. Die Verbandsversammlung der LIK Nord ist weder befugt noch zuständig, der Einleitung eines förmlichen Raumordnungsverfahrens zuzustimmen. Dies ist satzungsrechtlich und gesetzlich ausgeschlossen. Die LIK.Nord ist weder zuständig noch kann sie überhaupt in geetzlich fixierte Kompetenzen des Landes eingreifen. Die Zuständigkeit für Raumordnungsverfahren ist abschließend in § 15 ROG sowie auf Landesebene – hier insbesondere für das Zielabweichungsverfahren – im Landesplanungsgesetz geregelt. Für Zustimmungen, Ablehnungen oder Entscheidungen des Zweckverbands ist kein Raum und auch keine Kompetenzzuschreibung erkennbar. Der Zweckverband muss im Rahmen der Beteiligungsregelungen der Öffentlichkeit und der Betroffenen beteiligt werden. Eigene Entscheidungsrechte über eine Zustimmung oder Ablehnung zu einem Raumordnungsverfahren hat der Zweckverband jedoch nicht. Ein entsprechender Beschluss ist deshalb mangels eigener zuständigkeiten und wegen entgegenstehender Satzungsbestimmungen nichtig.
3. Die bisherigen Einwände bleiben weiterhin aktuell.
Die Satzung des ZV LIK.Nord beschreibt einen ganzheitlichen Ansatz des Naturschutzgroßprojekts. Der Bundeswettbewerb IDEE.NATUR ist ausdrücklich in die Aufgabenbeschreibung des Zweckverbands aufgenommen worden. Es geht nicht ausschließlich um Naturschutz, sondern um die Landschaftsgestaltung in einer von der Montanindustrie geprägten Region. Es mag sein, dass im bloßen Naturschutz eine Flächeninanspruchnahme ausgeglichen werden kann, sofern – was hier nicht der Fall ist – feststeht, dass die Kompensation geeignet ist, den Eingriff auszugleichen. Im Gebiet des ZV LIK.Nord ist dieser Ausgleich jedoch ungleich schwieriger, wenn nicht völlig unmöglich, da nicht die Natur allein in den Blick zu nehmen ist. Die Umsetzung und Entwicklung der Ziele des Zweckverbandes ist nur dann möglich, wenn der konkrete Bezug zwischen Landschaft und Industriekultur erhalten bleibt.
Der gefasste Beschluss befasst sich mit diesem Problem nicht. Es wäre erforderlich gewesen, dass die Eingliederung einer konkret benannten Tauschfläche zur Bedingung der Entscheidung gemacht worden wäre. Hier wären die Mitglieder der Verbandsversammlung umfassend über die Wertigkeit der Tauschfläche für das Projekt zu informieren gewesen, um entscheiden zu können, ob ein gleichwertiger Tausch überhaupt stattfinden kann.
Die Tauschflächen wurden nicht in den Beschluss übernommen. Eine Bewertung der in Betracht gezogenen Tauschflächen hat nicht stattgefunden. Schließlich sind die Tauschflächen nicht derart gesichert, dass ein Zugriff des LIK.Nord für die Zukunft möglich bleibt.
Diese Entscheidung verstößt gegen die Aufgabe des Zweckverbands, eine emotionale, landschaftliche und naturschutzfachliche Aufwertung sowie Ausbildung einer regionalen Identität (§ 3 Abs. 5 der Satzung) zu erreichen. Eine regionale Identität kann nicht geschaffen werden, wenn der LIK.Nord bereit ist, seine Ziele der Wirtschaftsförderung (hier: eines einzelnen Investors) unterzuordnen. Dies führt dazu, dass das jetzige Einzelhandelsgroßprojekt eine Vorbildwirkung für nachfolgende Wirtschaftsprojekte begründet, die das Gesamtprojekt in Frage stellt. Ohne die verbindliche Einbeziehung einer Kompensation (durch grundbuchrechtlich gesicherte Tauschflächen) verstößt die Zustimmungsentscheidung gegen die Verbandssatzung.