Ein Geschichte ist nie schwarz oder weiß, erst recht nicht, wenn es um Kunst geht, schon gar nicht bei Ausstellungsabsagen.
Deshalb weiß ich nicht, was richtig ist.
Sind ausgerechnet wir im Saarland die Bösen?
Ist es der Vorstand der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz?
Oder vielleicht doch der BDS mit seinen dezidiert antijüdischen und antiisraelischen Komplexen? Alle Bundestagsfraktionen haben in einer Resolution scharf verurteilt, dass aus den Reihen der BDS-Bewegung das Existenzrecht Israels infrage gestellt wird.
Der »Fall Candice Breitz«
Welche Rolle spielte die Künstlerin Candice Breitz?
Sie ist arriviert, renommiert. Sie leistet sich dezidierte Positionen.
Kann man sie ausladen, wenn man sie eingeladen hat?
Andrea Jahn, die Chefin der Modernen Galerie, wusste jedenfalls ganz genau, wer Candice Breitz ist, wen sie (Andrea Jahn) ausstellen lässt, was sie (Candice Breitz) ausstellt, wie sie tickt. Das erklärt natürlich einen Teil der Empörung.
Andererseits:
Hat das Problem im Saarland vielleicht einen Namen?
Heißt es Andrea Jahn?
Sie ist eigen.
Ihr feministisch geprägtes Programm auch.
„In the Cut“ hat in der Stadtgalerie Wellen geschlagen.
Es war ihre Empfehlungsarbeit für die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz.
Wer mutig einlädt, muss Rückgrat haben
Sie kannte Candice Breitz, und sie wollte damit endlich mal wieder das überregionale Niveau der Modernen Galerie schärfen. Dann muss man aber auch Klartext reden und Rückgrat zeigen. Jahn war damals übrigens die Top-Kandidatin von Bildungsministerin Streichert-Clivot, die Andrea Jahn jetzt scharf ausgebremst hat.
Vermutlich ist die Ministerin auf der richtigen Seite. Ganz sicher bin ich mir nicht, aber die Umstände sprechen allerdings nicht für Jahn.
Was gegen Andrea Jahn und ihr Vorgehen spricht
Erster Punkt: Frau lädt eine höchst streitbare Künstlerin ein und wieder aus. Peinlich. Mindestens. Vor allem die Umstände sind unerfreulich bis skandalös.
Zweiter Punkt: Kampfzone Antisemitismus, (Anti-)Kolonialismus, documenta, Mbembe, BDS, scharfe Linkskurve, scharfer Anti-Isrealismus. Bei Mbembe kommt Antisemitismus sicher mit hinzu. Er ist abgedriftet, hat sich verbal radikalisiert. Mbembes Verteidigung spielt in dem Aufruf, den Breitz unterschrieben hat, eine wichtige Rolle. Man übersieht das gern.
Dritter Punkt: In diesem Fall haben wir eine sehr MONOPOLisierte Debatte – da das Kunstmagazin #MONOPOL offen Künstler*innen pusht, die auf der BDS-Seite stehen. Das höchst umstrittene indonesische #documenta-Kuratorenkollektiv @Ruangrupa läuft bei Monopol, das nun auch Candice Breitz Feuerschutz gibt, unter „Die freundlichen Radikalen“. Diese ach so freundlichen Radikalen haben als Kuratoren der documenta die Weltkunstausstellung an den Rand des Weltkunst-Untergangs gebracht – mit Antisemitismus.
Es ist also eine sehr einseitige und schwierige Diskussion, die jetzt um die Ausstellungsabsage in Saarbrücken geführt wird; Michael Thieser zum Beispiel sollte auch die Argumente FÜR eine Absage würdigen.
Ein Geschichte ist nie schwarz oder weiß, erst recht nicht, wenn es um Kunst geht, schon gar nicht bei Ausstellungsabsagen.
Was ist richtig, was ist wichtig?
Deshalb weiß ICH nicht, was richtig ist.
ICH BIN MIR NICHT SICHER, ABER ICH GLAUBE, ICH HÄTTE DIE CANDICE-BREITZ-AUSSTELLUNG GEMACHT – MIT BEGLEITPROGRAMM UND DEBATTEN.
Es wäre eine Chance gewesen.
Mir gefällt weder das rechte noch das linke Cancelling in der Kultur.
Meinungsfreiheit muss es möglich machen, dass ausgestellt, gelesen, getanzt, Theater gespielt wird – es sei denn, Candice Breitz hätte sich (wie Mbembe) explizit antisemitisch geäußert. Davon ist mir aber nichts bekannt.
Das Bundesverfassungsgericht ist in dieser Frage übrigens sehr viel meinungsfreundlicher als die Politik und die Lobbyisten der jeweiligen Interessen.
Wenn Christine #Streichert-Clivot aber klar sagt, es hätte keine Alternative zur Absage gegeben, dann muss es dafür ja wohl Gründe geben (also doch Antisemitismus?), oder?
Wir sind offensichtlich im Kulturkampf.
Aber besser streiten als schweigen.