Armin König

Die Dekadenten: Der CDU-Abgeordnete Markus Uhl und eine schweineteure Sause in der Adlon-Nobelsuite

Beluga-Kaviar Austern, Wagyu-Rind und ein Windpark-Hochstapler, der im Knast keine Reue zeigt

Ich erzähle nun in meinen Worten, was ich heute in der Saarbrücker Zeitung gelesen habe.

Als in Europa die Corona-Pandemie begann, im März 2020, begab sich laut SZ SB der gewichtige saarländische CDU-Bundestagsabgeordnete Markus Uhl ins Nobel-Hotel Adlon, um mit Freunden eine Flasche Wein zu trinken. Er kam nach eigenem Bekunden zu spät und erfuhr an der Rezeption, dass sich „die Flasche Wein“ in die Suite Brandenburger Tor „verlagert“ hatte. Dort ließ ein windiger Windpark-Entwickler so richtig feudal servieren: Auf dem Tisch der 80-Quadratmeter-Suite standen laut „Business Insider“: Beluga-Kaviar und Austern, Wagyu-Rind, Cognac und exquisite Zigarren. Uhl erinnert sich daran, „nur einen Adlonburger gegessen zu haben“. (Saarbrücker Zeitung) Der arme Markus. Nur ein billiger Adlonburger für den angeblichen Kostverächter. Wo doch das ganze Essen über 26.000 Euro gekostet haben soll. Unter den Weinen soll eine ganz besondere Flasche Bordeaux-Wein gewesen sein, ein Chateau Cheval Blanc, Jahrgang 1939. Der wird im Internet auf 3.500 Euro bis 4.100 Dollar taxiert.

„Ich habe keine Rechnung gesehen“, sagt Uhl laut SZ. Der betrügerische Windparkunternehmer Hendrik Holt sagte dagegen im Prozess: „Wenn es darum geht, wer die Rechnung bezahlt, ist man in diesen Kreisen gern gesehen.“ (Neue Osnabrücker Zeitung)

Neben Uhl seien auch die CDU-Abgeordneten Johannes Steiniger und Jan Metzler dabeigewesen. Alle drei Politiker betonten, sie hätten keine konkreten Projekte von H. unterstützt und seien von der Verlegung des Treffens in die Suite überrascht worden. Sie hätten auch die Rechnung übernehmen wollen, was aber nicht gewünscht gewesen sei. Lustig, gell?

Ich finde das so rührend. Aber daran glauben? Ich weiß nicht…

Der angebliche Super-Windmacher-Manager heißt Hendrik H und sitzt seit drei Jahren im Knast. Insgesamt acht Jahre haben ihm die Gerichte aufgebrummt,  weil er deutsche und ausländische Industriekonzerne um mindestens zehn Millionen Euro beschissen hat – mit Windparks, die es gar nicht gab und die frei erfunden waren. Einen falschen Doktortitel hat er auch geführt. Und Unterschriften gefälscht. Deshalb ist er ja aufgeflogen. Es ist eine Art Mini-Wirecard-Skandal. So berichten es die zuverlässigen Medien. Als Zeichen der Reue spielt er jetzt im Knast die Orgel. Heißt es.

Und mittendrin in der Revolverstory: der politisch angeblich so naive Markus Uhl, der seinen Einlader zwar von zwei, drei Begegnungen „kannte“, aber nicht genau wusste, um wen es sich handelte. Sagt Uhl jedenfalls. Er wusste gewiss nicht, dass Hendrik H sich in Luxuslimousinen zu Terminen chauffieren oder im Privatjet fliegen ließ…

Wie heißt das Sprichwort: Sag mir, mit wem du gehst, und ich sage dir, wer du bist.

Ein Abgeordneter aus dem Haushaltsausschuss, der im Parlament Reden von Schuldenbremse und Kassensturz und Gesamtverantwortung schwingt, ein Betriebswirtschaftler, ein ehemaliger Parteigeneralsekretär, der „die Zukunft“ mit „Stabilität, Sicherheit und Ordnung“ gewinnen will, ein Diplomkaufmann, will also nichts gewusst haben. Ich kenne ihn schon lange. So naiv kann der gar nicht sein, wie er tut. Wie herrlich filmreif!

Der einst auf großem Fuß lebende Bentley-Fahrer Hendrik H (drei Bentleys, ein AMG, ein Porsche laut Medien) hatte seit 2017 das ganz große Rad mit erfundenen Millionenumsätzen (Achtung: Wirecard!) gedreht. So haben es die Gerichte festgestellt.

Hat der Herr Uhl nie gefragt, warum er plötzlich in die heiligsten Hotel-Privatgemächer des Herrn H hochfahren sollte?

Informiert man sich nicht über die potenziellen Einladenden, wenn man in noble Hotels eingeladen wird – und sei es auch nur für „eine Flasche Wein“? Sagt man nicht besser von vornherein ab? Weil man weiß, was in dieser Edel-Welt die sehr gute Flasche Wein für ein „Schweinegeld“ kostet? Ist nicht schon der Eintritt in die Welt der Edelsuiten für einen Politiker oder eine Politikerin die Annahme eines ungerechtfertigten Vorteils? Müssten nicht alle Alarmlampen leuchten, wenn smarte Typen wie Marsalek (Wirecard; war doch damals längst in allen Schlagzeilen), Lars Windhorst (Hertha BSC und Immobilien; Kohl-„Freund“), René Benko (Galeria-Kaufhof-Karstadt) oder eben Hendrik H einladen (lassen)? Warum sind die Herren Abgeordneten nicht sofort wieder gegangen, als sie die „Bescherung“ im März  in der Suite sahen?

Warum lernen Politiker nichts aus all den Blender-Stories, die sich immer wieder unter Bentley- und Champagner- und Austern-Begleitung abspielen?

Und wie erklärt der Bundestagsabgeordnete Uhl den alten Bergleuten, Hüttenleuten, Rentnern und Peter-Gross-Bauarbeitern, den Facharbeiterinnen und Facharbeitern, den braven Beamtinnen und Beamten, die keinen Bleistift annehmen dürfen, den einfachen Mitgliedern und all den CDU-Delegierten aus seinem Homburger Wahlkreis, warum er zur Kaviar- und Austern- und Bentley-Elite Connections pflegte, während sich im Saarland die CDU immer weiter von den coronageplagten Menschen entfremdete?

Natürlich wird der Herr Abgeordnete und ehemalige CDU-Generalsekretär Uhl sein lukratives Mandat nicht abgeben. Er werde nun bei Einladungen „genauer hinschauen“. Ich vermute, er hat es nicht kapiert.

So müssen Wähler bis zur nächsten Wahl warten, um ihn gegebenenfalls in die Nobel-Wüste der Parvenüs zu schicken. Wenn sie es denn wollen.

Da verdient man allerdings noch viel mehr als in der Politik. So wäscht eine Platzpatrone die andere.

Wie bei der FDP und dem Verkehrsministerium. Aber das ist wieder eine andere unglaubliche Geschichte.

Foto: König