Siedlungsgeografisch, kommunalpolitisch und umweltpolitisch eine Katastrophe
von Armin König
Soll man die Junge Union Saar nun heftig loben oder heftig kritisieren? Ihr plakativer Vorschlag für das Megaprojekt von eintausend 250.000-Euro-Häusern klingt sehr nach unseriöser Schaumschlägerei. Und die Idee, in »mindestens 50 Orten« neue Baugebiete mit je 20 Häusern per Ausnahmegenehmigung zuzulassen, ist umwelt- und klimapolitisch kritisch zu betrachten. Angesichts der neuen Bertelsmann-Zahlen zum demografischen Wandel, zu Schrumpfung und zu Leerständen im Saarland, ist dies Nonsens.
Andererseits:
Wenn innerörtliches Wohnen in Bereichen mit vielen Leerständen oder Baulücken vorgesehen ist, braucht man keine Ausnahmegenehmigung. Die Verdichtung mit bezahlbaren, energetisch optimierten Häusern wäre ein Segen und würde die Ortskerne stärken.
Deshalb darf man wenigstens den Mut der Jungen Union Saar loben, groß zu denken, Visionen zu entwickeln und den darniederliegenden Wohnungs- und Baumarkt zu beleben. Das ist aber auch schon alles.
Diese Variante ist überholt und sowohl siedlungsgeographisch als auch demografisch absurd (siehe Bertelsmann, siehe DeStatis, siehe Illingen 2030, siehe MeLANIE, auch durch Illingen auf den Weg gebracht).
Angesichts der von der CDU angezettelten Debatte über den Landesentwicklungsplan Siedlung und Umwelt ist dies wohl ein populistischer Versuch, mit einem 400-Millionen-Euro-Programm (kann auch 450 Millionen Euro kosten) zu punkten, das im Saarland natürlich unbezahlbar wäre.
In 50 Orten Erschließungsmaßnahmen für 1000 Häuser durchzuführen, würde mindestens 100 Millionen Euro an Zusatzkosten verursachen. Üblicherweise müssen Erschließungskosten umgelegt werden. Dann wird das 250.000-Euro-Haus nicht zu halten sein. So billig kann keine Modulbauweise sein. Wenn nicht: bleibt es unbezahlbar.
Zweites KO-Kriterium: EU-Vergaberecht. Ein Zuschlag für 1000 Häuser für 250 Millionen Euro, was wohl die wirtschaftlichen Skaleneffekte für Billighäuser ermöglichen würde, ist weder vergabe- noch beihilferechtlich zulässig. Das ist jenseits aller Vernunft.
Drittes Kriterium: Grundstückskosten. Sollen die Gemeinden diese zum Nulltarif bereitstellen? Anstatt Kindergärten zu bauen? Anstatt sich um generationengerechtes Wohnen für alle zu kümmern? Anstatt Schulen zu sanieren? Anstatt Daseinsvorsorge zu bieten? Das ist rechtswidrig und politisch widersinnig, da es nur für eine bestimmte Gruppe von Privatinteressenten möglich wäre. Das Kommunalverfassungsrecht und die (von der CDU ewig gepredigte) Schuldenbremse bremsen diese Idee sofort aus.
Was jedoch möglich ist:
Drei Orte zu suchen, die es ermöglichen, jeweils eine 20-Häuser-Siedlung in einem innerörtlichen Modellgebiet mit allen umweltpolitischen Vorgaben umzusetzen, die möglich sind – mit kostengünstiger Bauweise und Niedrigenergie. Dann kann man sehen, ob und in welchem Umfang dies funktioniert, oder ob die Häuslebauer und die öffentliche Hand zig Millionen darauflegen müssen.
Zum Autor:
Der langjährige Bürgermeister von Illingen und Demografieexperte Dr. Armin König hält die JU-Saar-Idee eines »1000-Häuser-Programms« für Schaumschlägerei und ein umweltpolitisches Desaster, sieht aber einige wenige positive, Ansätze, die man in einem kleinen Pilotprojekt realisieren könnte.
König wurde zur Partizipativen Demografieplanung an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften (Speyer) promoviert.
Die Doktorarbeit trägt den Titel:
Bürger und Demographie: Partizipative Entwicklungsplanung für Gemeinden im demographischen Wandel. Potenziale lokaler Governancestrategien in komplexen kommunalen Veränderungsprozessen