Von Armin König
Kann der Staat eine Kirche finanzieren, die systematisch Kindesmissbrauch vertuscht hat und sich der Aufklärung verweigert? Die Frage stellt sich schon länger.
So fragt der Deutschlandfunk: „Warum bekommt die Kirche Millionen vom Staat?“
https://www.deutschlandfunkkultur.de/kirche-finanzierung-staatsleistungen-100.html
Schon 2022 gab es eine Eingabe an die saarländische Landesregierung, dem Bischof von Trier ein Ultimatum zur vollen Aufklärung aller Missbrauchsfälle im Bistum Trier zu setzen und die Zahlungen an den Bischöflichen Stuhl in Trier auszusetzen.
In der Pressemitteilung (Armin König) hießt es damals: »Bischof Ackermann blockiert seit Jahren die volle Aufklärung, obwohl er eigentlich als Missbrauchsbeauftragter der Katholischen Deutschen Bischofskonferenz Vorbildfunktion haben sollte. Seit 2010 ist er in diesem Amt. Bisher ist keine Aufklärung erkennbar. Es gibt auch kein neutrales Gutachten im Bistum Trier.
In einem säkularen Staat gilt: Staatliches Recht hat Vorrang vor Kirchenrecht. Wir brauchen umfassende externe Aufklärung mit Öffnungaller Akten – ohne falsche Rücksichten auf hochgestellte Personen«.
Das Saarland zahlt jedes Jahr rund 600.000 Euro an den Bischöflichen Stuhl in Trier.
»Damit wird ein System finanziert, das sich in der Frage mutmaßlicher vergangener Verbrechen gegenüber Schutzbefohlenen außerhalb des staatlichen Rechtssystems stellt.«
Und man muss fragen: Ist das tatsächlich zeitgemäß?
Und insbesondere: Kann der Staat eine Kirche finanzieren, die systematisch Kindesmissbrauch vertuscht hat ? Das hat sie ja.
Auch über die Frage der Kirchensteuer müsse neu diskutiert werden. Es sei nicht mehr nachvollziehbar, dass der Staat als bekenntnisneutrale Instanz Steuereinnehmer der Kirchen sei.
Die Frage, ob die Finanzierung der Kirche durch den Staat noch zeitgemäß ist, wird kontrovers diskutiert
Das hängt mit Interessen, Machtfeldern, dem so genannten vorpolitischen Raum insbesondere von CDU und CSU zusammen, aber auch mit historischen Rücksichten und Überlieferungen. Auch die Garantien des Grundgesetzes spielen eine wichtige Rolle in der Debatte.
»Das umstrittene Privilegienbündel der Kirchen« – so ist ein Fachgespräch der Professoren Hartmut Kreß und Rudolf Gerhardt überschrieben. Untertitel: »Das Recht von Kirchen auf korporative Selbstbestimmung rechtfertig keine moralische Fremdbestimmung über andere«. (ZRP 4/2013, 123) https://www.jstor.org/stable/24770998
Kirche ist eben nicht nur religiös-spiritueller Raum und damit Freiraum für freie Religionsausübung, sondern auch Teil von Staat und Gesellschaft (Kita, Schule, Gesundheitswesen, Pflege, Sozialindustrie).
Es geht dabei nicht nur um kirchliches Arbeitsrecht, das besonders in die Kritik geraten und durch Europarecht unter Druck geraten ist. Vielmehr geht es auch um Einfluss in der Politik.
»Die beiden großen christlichen Kirchen und die unzähligen Organisationen in ihrem Umfeld zählen zweifellos zum Kreis der einflussreichen und erfolgreichen Akteure in der bundesdeutschen Politik. Als mitgliederstarke, finanzkräftige, sozial- und arbeitsmarktpolitisch relevante und mit einem vorteilhaften rechtlichen Status und zahlreichen weiteren Privilegien versehene gesellschaftliche Organisationen beteiligen sich die Kirchen intensiv an der politischen Willensbildung.« (Willems 2007)
Wichtige Faktoren sind:
Zu Macht und Einfluss der Kirchen bemerkt Willems treffend
»Ihre Zugangs- und Einflusschancen beruhen nicht zuletzt darauf, dass nach wie vor ein großer Teil der politischen Elite Mitglied in einer der beiden Kirchen ist.« (Willems 2007) https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-531-90602-7_12
Die Finanzierung der Kirchen durch den Staat in Deutschland, besonders in Form der Staatsleistungen, ist historisch begründet. Sie basiert auf der Enteignung von Kirchengut während der Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts.
Das Grundgesetz sieht vor, dass diese Staatsleistungen durch die Gesetzgebung abgelöst werden können, was in der Praxis jedoch bisher selten geschehen ist.