Trauer und Hoffnung, Einsatz für den Frieden – Volkstrauertag 2011

Dies ist ein Tag der Trauer, ein Tag der Erinnerung, ein Tag des Gedenkens an die Opfer von Kriegen und Gewalt, die im letzten Jahrhundert auch und vor allem von unserem Land ausgingen, an Terror und Verfolgung.
Es ist ein Tag gegen das Vergessen, denn man vergisst so schnell.
Man vergisst so schnell, was wirklich war.
Man vergisst so schnell, was wichtig war.
Damals und heute.

Als kleine Erinnerung hier eine Chronik der laufenden Ereignisse 2011:
Revolution in Tunesien
Revolution in Ägypten
Bürgerkrieg in Libyen
Erschießung von Ghaddafi
Unruhen in Algerien
Proteste in Bahrain
Proteste im Jemen
Proteste in Syrien
Außerdem Demonstrationen in Dschibuti, Jordanien, Marokko, Mauretanien, Oman, Saudi-Arabien.

Nicht überall ist es den Menschen gelungen, die Tyrannen zu vertreiben und der Demokratie zum Durchbruch zu verhelfen. Aber es ist etwas in Bewegung geraten.
Friedensforscher sprechen von einer historischen Zäsur in der arabischen Welt, vergleichbar mit dem Fall der Mauer.
Es gibt also Hoffnung. Hoffnung für die Menschen. Hoffnung für Frieden.
Das setzt voraus, dass wir Partei ergreifen für den Frieden. Einfach ist das nicht. Oft ist es eine Gratwanderung. Das gilt vor allem dann, wenn die Staatengemeinschaft Gewalt eingreift, um mit Waffen Frieden zu schaffen wie in Afghanistan.
Es gibt viele Kriege von denen niemand spricht, etwa auf dem indischen Subkontinent. Humanitäre Katastrophen wie in Darfour, wo hunderttausende Menschen getötet worden sind, haben wir verdrängt, weil auch die Schlagzeilen längst von neuen Schlagzeilen der Weltpolitik verdrängt wurden.
Es wäre schon viel gewonnen, wenn über diese Kriege mehr geschrieben und mehr berichtet würde.

Aber können wir angesichts dieser unfassbaren internationalen Dimensionen überhaupt lokal etwas bewirken?
Ja, das können wir.
Indem wir Farbe bekennen.
Indem wir all jenen entgegentreten, die andere diskriminieren.
Indem wir all jenen entgegentreten, die nationalsozialistische Verbrechen relativieren und verharmlosen, und in diesen Tagen, in denen rechtsextremistischer Terror erstmals als solcher erkannt und benannt wird, ist das Thema ja aktueller denn je.

Ja, wir können etwas bewirken, indem wir uns rückhaltlos bekennen zu Demokratie und Menschenrechten, zu Freiheit und Frieden.
Ich freue mich, dass heute Deutsche und Franzosen diesen Tag der Erinnerung gemeinsam begehen. Unser Willkommensgruß gilt unseren Freunden aus Stiring Wendel. Soyez les bienvenus.

Deutsche und Franzosen haben tatkräftig unter Beweis gestellt, wie man Friedensarbeit leistet. Sie sind zum Motor der europäischen Verständigung nach Jahrzehnten der Feindschaft geworden. Sie sind auch heute die Hoffnung Europas. Verspielen wir dies nicht durch kleinkarierte Euro-Skepsis.
Dass wir Illinger mit Verzy und Civray und Woustviller ebenso eng befreundet sind wie mit den ungarischen Freunden in Bük und den polnischen Freunden in Tuchow ist eigentlich eine kleine Sensation, wenn man bedenkt, wie sich bis 1989 Nato und Warschauer Pakt mit waffenstarrenden Systemen gegenüberstanden. Das ist gerade mal 22 Jahre her.
Es gibt auch lokal gute Ansätze. So haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten viele junge Menschen aus unserer Gemeinde an internationalen Begegnungen des Volksbundes deutsche Kriegsgräberfürsorge teilgenommen. Dadurch sind Freundschaften mit jungen Menschen in Frankreich, Österreich, Italien und Polen entstanden. Und auch die Pfadfinder setzen sich immer wieder für Frieden, Völkerverständigung und gute Taten ein.
Mindestens ebenso faszinierend sind die Aktivitäten der Aktion Palca, die ab Dienstag wieder mit dem Impression Musicale das große Benefiz-Festival für Menschen in Afrika und Südamerika veranstaltet. Ich finde nicht nur den humanitären Ansatz der Aktion Palca faszinierend, sondern ebenso die Art und Weise, wie diese Initiative über drei Jahrzehnte immer neue Ideen entwickelt und diese auch konsequent umsetzt.
Hier wird die Idee der „Verantwortung in der einen Welt“ gelebt.
Es gibt Dinge, die mir Sorgen machen.

Dass zwei Drittel der Bürger in Saarbrücken ihr Wahlrecht nicht wahrgenommen haben, als es um die Wahl der Oberbürgermeisterin ging, ist für mich sehr enttäuschend. Das Wahlrecht ist eines der wesentlichen Grundrechte, die wir haben. Es kostbar. Wie kann man zu bequem sein, dieses Grundrecht zu nutzen?!
Demokratie erfordert Einsatz und manchmal auch Zivilcourage. Beides müssen wir von jeder Generation erwarten: Um Frieden und Freiheit zu sichern. Das ist nicht einfach.

Der große Friedenspapst Johannes Paul II. hat einen berühmten Satz gesagt: „Krieg ist niemals ein unabwendbares Schicksal. Krieg ist immer eine Niederlage für die Menschheit.“ Er wusste die Jugend auf seiner Seite. Ihr rief er zu: „Ihr seid die Zukunft, baut mit an einer Zivilisation der Liebe und Gerechtigkeit“.
Auch wir bauen auf die Jugend. Wir setzen auf ihr Engagement und unterstützen sie mit all unserer Erfahrung. Das Engagement junger Menschen macht Hoffnung, Hoffnung auf eine bessere, friedlichere Welt, in der es nicht mehr allein um Geld und Konsum geht, sondern auch um Werte und Mitmenschlichkeit.
In diesem Sinne hoffe ich, dass der Volkstrauertag auch ein Gefühl von Hoffnung vermittelt.
Wir sind selbst dafür verantwortlich. Jeder einzelne.
Dazu rufe ich Sie alle, UNS alle auf.

Armin König

Rede am 13.11.2011 bei der Gedenkveranstaltung in Illingen