Von der Stille: Warum wir Nischen brauchen

Sylvia Loehken, die übrigens eine sehr gute Webseite kreativ und sehr persönlich mit Inhalt füllt, hat einen sehr schönen Beitrag zum Tage Rückzugsnischen geschrieben.

Ich finde ihn beeindruckend. Er heißt

Mehr Rückzugsnischen für leise Menschen

In einem Punkt aber bin ich nicht ihrer Meinung.

In einem kleinen Statement zu einem Leser-Kommentar von @meincoach schreibt sie: „Auch “lautere”, also extrovertierte Menschen profitieren von Ruhezonen. Allerdings sind sie nicht so existentiell darauf angewiesen wie die leisen Menschen.“

Doch. Das sind sie auch. Ich bin eher einer der Lauteren, muss es vielleicht auch sein. Ich rede und schreibe und schreibe und rede und will überzeugen…. Aber Ruhephasen, Ruhezonen brauche ich wie die Luft zum Atmen.

Abends in einer kleinen Kapelle, allein mit Stille und Licht – dann spüre ich Energie, die sonst nie zu spüren ist. Charisma des Ortes. Das gibt es.

Am Meer, abseits vom Trubel. Nur das Rauschen der Wellen hören. Sich dem Rhythmus angleichen. Nichts mehr denken. Nur hören.

Im Meer. Wegschwimmen vom Strand. (Ab-)Tauchen. Die Sorgen des Alltags an der Oberfläche lassen.

Ein Buch lesen – d.h.: in eine andere Welt eintauchen. Ohne Filmmusik, die mich zu Stimmungen zwingt, die ich vielleicht gar nicht mag. Ohne rasante Schnitte, die mich aufputschen. Ohne dümmlich Dialoge, die mich reizen. Nein: einfach nur lesen. Als Kind verkroch ich mich beim Lesen oft in stille Ecken, wo mich keiner sehen konnte. Ich war dann so in mein Buch versunken, dass ich die Rufe meiner Mutter gar nicht mehr hörte. Aufgefallen bin ich, wenn ich beim Lesen lachen musste

Still werden. Abschalten. Ruhe finden.

All dies ist Balsam für die Seele.

Und wenn man loslässt und sich lange genug der Stille überlässt, passieren manchmal Dinge, die man nie erwartet oder erhofft hätte.

Ich bin sicher: Rückzugsnischen sind lebensnotwendig. Nicht nur für die leisen Menschen. So existenziell wie Stille.