Diese Missionshausplanung stinkt zum Himmel

Dr. Armin König, Vorsitzender von ProH2O, ehemaliger Bürgermeister von Illingen (1996 bis 2023). Foto: Stefanie König

Nicht genehmigungsfähig, umweltschädlich, gefährlich für Bürger, superteuer für die Stadt St. Wendel

Als nicht genehmigungsfähig, umweltschädlich, gefährlich und »in wesentlichen Teilen rechtsfehlerhaft und gravierend mängelbehaftet« hat die anerkannte Umweltvereinigung ProH2O Saar e.V. in einer detaillierten achtseitigen Stellungnahme den Bebauungsplanentwurf und die Flächennutzungsplanung für das Missionshaus-Areal in St. Wendel und die benachbarte Hangbebauung kritisiert.
Mangelhafte Planung, fehlende Daten, fehlende Prognosegrundlagen, fehlerhafte Prognose-Instrumente, unzureichende empirische Konkretisierungen, konkrete Gefährdungen durch Hochwasser und Starkregen, Eingriffe in Habitate geschützter Tier- und Pflanzenarten wie Fledermäuse, Vögel, Haselmäuse, Missachtung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie WRRL, fehlende Aussagen zu neubaubedingten Treibgasemissionen, massive Investitionslasten für die Kreisstadt St Wendel wegen Verschärfung von Starkregen- und Hochwassergefahren« machten eine umfassende Neuberatung in Stadtrat und Öffentlichkeit sowie Planungs- und Nutzungsalternativen notwendig.
Dass die Stadt bis heute keinen städtebaulichen Vertrag vorlegen könne, sei ein gravierendes Versäumnis und nicht nachvollziehbar, sagt der ProH2O-Vorsitzende Dr. Armin König. »Der Bebauungsplan erweist sich als B-Plan zum Ausverkauf der Landschaft und zur Schädigung der Umwelt.
Die Starkregenvorsorge weist gravierende Defizite auf. Zwingend notwendiger Schutz ist nur mit Millionenaufwand für Kreisstadt, Gebührenzahler und Bauherren zu leisten, während die Investoren Profite erwarten.
Alternativen für die Erhaltung des Charismas des Ortes sind dringend erforderlich.«
Die Stadt verzichte auf klassische Instrumente der Mitsprache und Mitgestaltung und damit der Steuerung, obwohl dies extrem wichtig sei. »Es ist in der Planungsphase fünf vor zwölf. Man steht kurz davor, ohne Not unter größtem Zeitdruck Fakten zu schaffen, die sich in Zukunft rächen werden«, sagt König.
Dabei sei allein der fehlende Hochwasserschutz schon ein K.O.-Kriterium, das die ganze Planung über den Haufen werfen könne. Die Rücksichtslosigkeit gegenüber »Unterliegern« und etwa dem Cusanusgymnasium sei verblüffend. Auch die Rolle der Sparkasse sei angesichts hoher Risiken diskussionswürdig. Der Bedarf an hochpreisigen Neubauten am Hang, die nur mit hohem Aufwand für Bauwillige und beachtlichen zusätzlichen Risiken für Anlieger hergestellt werden könnten, sei durch nichts empirisch belegt. Derzeit bestehe hier ein Neubau-Planungsverbot. Um dies zu umgehen, nehme man ein untaugliches Investorenkonzept in Kauf, das rücksichtslos mit so genannten »urbanen Gebieten« im ländlichen Raum die unversiegelte Landschaft eingreife.
»Es geht hier vor allem um privaten Profit von Investoren. Vielen ist offensichtlich noch gar nicht bewusst, was da gerade passiert. Man gibt Investoren Narrenfreiheit, wenn man nicht von Anfang an glasklare Festsetzungen vorgibt«, sagt der Verwaltungsprofi. »Drastisch gesagt: Wenn es dort nicht von Beginn an klare Festsetzungen und Ausschlusskriterien gibt, kann man in einem urbanen Gebiet auch Wohndichten wie Folsterhöhe 2 bauen.«
König ist promovierter Verwaltungswissenschaftler, war 27 Jahre Bürgermeister von Illingen und ist bundesweit als Referent für Städtebau, Demografie und Bürgerkommunen unterwegs.
ProH2O Saar spricht von architektonischer Brutal-Planung, die jegliches Gefühl für Historie, Stadtgestalt und Nachhaltigkeit vermissen lässt. »Das Charisma des Ortes wird mit Abrissbirne und Betonmischern pulverisiert. Es ist die gewollte oder ungewollte Vertreibung des heiligen Wendalinus und des Steyler Missionsgeistes vom Heiligen Berg.«
Besonders negativ betroffen seien die Schutzgüter Wasser und Boden/Fläche, schreibt König. Die Planung, die »praktisch nur privaten Interessen dient, verschiebt die Aufwendungen und Risiken für Starkregenvorsorge, Regenwasserableitung und Grundwasserschutz einseitig auf die Stadt und die bisherigen Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler.“ Riskant sei vor allem die Kombination und Wechselwirkung von massiver Verdichtung, Nutzungsmaximierung, neuer Bodenversiegelung und unzureichender Wasser-Versickerung und Ableitung bei Starkregen und Hochwasser. „Was »Green living« genannt wird, ist deshalb in unseren Augen Greenwashing.“
König zu den Defiziten: »Altlastenuntersuchungen fehlen, Datengrundlagen sind veraltet, Verfilmungen der Mischwasserkanäle wurden nach unserer Kenntnis nicht vorgelegt, Versiegelungsgrade und Verdichtungen nicht ausreichend konkretisiert. Die Betrachtungen zum Schutzgut Klima sind wegen fehlender Treibhausgas-Prognosen defizitär. Die Aussagen zum Schutzgut Landschaftsbild werden bestritten. Die Ortsbildqualität wird massiv gestört, das historische Erbe zerstört. Der behauptete hohe Bedarf an Wohnraum-Neubauten ist nicht empirisch belegt und demografisch widerlegt. Neubauten sind angesichts der vorausgesetzten enormen Hochwasser- und Starkregenschutz-Vorsorgemaßnahmen nur unter hohem Aufwand für besonders wohlhabende Bauwillige möglich. Die Allgemeinheit zahlt, damit eine privilegierte Schicht umwelt- und klimaschädlich schädlich neu bauen kann.«